Sind wir in Präsenzmeetings kreativer? Eine Studie behauptet das. Doch Wissenschaftler warnen vor voreiligen Schlüssen. Statt Mitarbeiter zu kreativen Brainstorming-Sessions ins Büro zu holen, sollte man eine kreative Umgebung in virtuellen Meetings schaffen.
Ein Redaktionsbeitrag des FOM-Magazines
Online-Meetings haben viele Vorteile, aber Präsenzmeetings sind halt schon was anderes, oder?
Das hört man immer wieder. Doch wo genau liegt eigentlich der Unterschied zwischen persönlichen und virtuellen Meetingformaten?
Forscher der Columbia Business School und der Stanford Business School versuchten diese Frage zu beantworten. Ihre Erkenntnis: Virtuelle Meetings könnten die Kreativität hemmen!
Studie: Kreativität in virtuellen Meetings leicht geringer
Die Forscher führten ein Feldexperiment durch, wobei Testgruppen in virtuellen und Präsenzmeetings kreative Ideen für die Verwendung eines Produktes entwickeln sollten. Die Präsenzmeetings erzielten insgesamt mehr Ideen.
Der Effekt war allerdings gering: So kamen die Testgruppen meist nur auf eine oder zwei Ideen mehr.
Die Forscher führten das primär darauf zurück, dass virtuelle Kommunikation sich auf einen Bildschirm fokussierte. Aufgrund des eingeschränkten visuellen Fokus sei auch der kognitive Fokus beschränkt. Dadurch würde der kreative Prozess behindert. Eine häufige Annahme ist, dass Präsenzmeetings eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen würden, die den kreativen Prozess verbesserte. Das halten die Forscher jedoch für unwahrscheinlich. Ihrer Studie zufolge hätten solche potenziellen sozialen Effekte keinen Einfluss auf den kreativen Prozess. Das Problem sei primär der Fokus auf den Bildschirm.
Kreativität fördern durch hybride Arbeitskultur
Ein Zwischenweg sei eine hybride Meetingkultur, wobei Präsenzmeetings vorwiegend für kreative Workshops genutzt und andere Meetingformate als virtuelle Meetings abgehalten würden.
Die Forscher weisen jedoch auch darauf hin, dass potentielle kognitive Nachteile kein entscheidendes Argument gegen virtuelle Meetings lieferten.
Zwar hätten Präsenzmeetings durchaus Vorteile für den kreativen Prozess, doch die Kostenvorteile durch virtuelle Meetings, die globalen
Rekrutierungsmöglichkeiten und die geographische Unabhängigkeit müssten in die Entscheidung für oder gegen virtuelle Meetings miteinbezogen werden.
Andere Meinungen: Kreativität fördern durch die richtigen Meetingformate
Ellen Langer, Professorin für Psychologie an der Harvard University, hält die Studie zwar für einen guten Schritt, um mehr Verständnis für virtuelle Meetings zu erlangen. Sie warnt jedoch vor dem voreiligen Schluss, dass man kreative Meetings nicht auch virtuell durchführen könnte.Ob wir in virtuellen Meetings kreativ seien oder nicht, hänge laut Langer vor allem damit zusammen, über welche kreativen Fertigkeiten wir überhaupt verfügten. Außerdem sei es ein Unterschied, ob man über kreative Ideen zur Verwendung einer Frisbee-Scheibe nachdenke oder über innovative Wege, komplexe Fragestellungen zu meistern.Sie verweist darauf, dass bei komplexen Problemstellungen das Nachdenken alleine zielführender sein könnte als Brainstorming in der Gruppe. So könnte man beispielsweise in virtuellen Meetings Nachdenkpausen einbauen und damit vielleicht sogar bessere Ergebnisse erzielen als in Präsenzmeetings. Die Meetingteilnehmer könnten dann in Ruhe zu Hause überlegen, bevor sie erneut in die Diskussion einsteigen.Auch Jay Olson von der McGill Universität in Kanada sagt, eine einzige Studie reiche nicht aus, um Mitarbeiter für Brainstorming-Sessions ins Büro zu holen.Er weist zudem darauf hin, dass der in der Studie gemessene Effekt zu gering sei, um die Nachteile von Präsenzmeetings wie den Zeitverlust durch die Anfahrtswege zu rechtfertigen. Wenn Mitarbeiter Fahrzeit auf sich nehmen müssten, könnte das ebenfalls ihre Zufriedenheit und damit ihre Kreativität einschränken.
FOMs: Mit Best Practises die Meeting Experience optimieren
Die wissenschaftliche Debatte zeigt, dass wir mit unseren Erfahrungswerten in Bezug auf virtuelle Meetings noch ganz am Anfang stehen.
Studien und praktische Erfahrungen werden in den nächsten Jahren weitere Erkenntnisse über die Stärken und Schwächen virtueller Meetings offenbaren und es ermöglichen, die digitale Meeting Experience kontinuierlich zu verbessern.
Genau deshalb ist Meeting-Management-Software so wichtig: Sie gibt Organisationen stets die neuesten Best-Practises für ihre Meetings an die Hand. So könnte man beispielsweise, wie von Professor Langer vorgeschlagen, in Agendavorlagen für Brainstorming-Sessions Nachdenkpausen einbauen.
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